4 Fakten zum Impfwesen in Deutschland

4 Fakten zum Impfwesen in Deutschland

Wie ist das Impfwesen in Deutschland organisiert? Was verbirgt sich hinter den Kürzeln EMA, G-BA oder PEI? Wie ist die Kostenerstattung von Schutzimpfungen geregelt? Und was ist bei Abrechnung & Erstattung verordneter Impfstoffe zu beachten? Antworten bekommen Sie hier.

  1. Wie ist das Impfwesen in Deutschland organisiert?
  2. BÄK, BMG, EMA, G-BA, PEI & Co. – Was versteckt sich hinter den Kürzeln?
  3. Wie ist die Kostenübernahme von Schutzimpfungen geregelt?
  4. Was ist bei der Abrechnung & Erstattung verordneter Impfstoffe zu beachten?

Impfstoffe spielen im Vergleich zu anderen klassischen Arzneimitteln eine besondere Rolle, weil sie meistens aus sehr komplexen biologischen Wirkstoffen bestehen. Darum gelten für Impfstoffe in vielerlei Hinsicht sehr spezielle Kriterien für die Zulassung und Überwachung. Nicht verwunderlich ist daher, dass die Zulassung von Impfstoffen, die beim Menschen angewendet werden, in Deutschland und Europa streng kontrolliert wird.1

1. Wie ist das Impfwesen in Deutschland organisiert?

In Deutschland ist das Impfwesen föderal strukturiert. Die Umsetzung von Impfzielen gehört im Wesentlichen zu den Aufgaben der einzelnen Bundesländer.2 Aber auch nationale Behörden und Institutionen übernehmen wichtige Aufgaben. Dazu gehören z. B.:

  • die Erstellung von nationalen Impfempfehlungen durch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI),
  • die Erstellung von Gesetzesvorlagen (z. B. Präventionsgesetz) durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
  • und die Festlegung von Impfungen, die durch Krankenkassen bezahlt werden, durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).2

2. BÄK, BMG, EMA, G-BA, PEI & Co. – Was versteckt sich hinter den Kürzeln?

Nicht nur für die Herstellung und Marktzulassung gibt es verschiedene gesetzliche Vorgaben, sondern auch für die Überwachung und Entwicklung von Impfstoffen. Diese gesetzlichen Vorgaben werden von unterschiedlichen Einrichtungen umgesetzt. Gleiches gilt für die Erfassung von eventuellen Impfnebenwirkungen sowie für die Informations- und Aufklärungspflicht.2

BÄK: Bundesärztekammer; BzGA: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; G-BA: Gemeinsamer Bundesausschuss; GKV: gesetzliche Krankenversicherungen; PEI: Paul-Ehrlich-Institut; PKV: Private Krankenversicherungen; ÖGD: Öffentlicher Gesundheitsdienst; RKI: Robert Koch-Institut; STIKO: Ständige Impfkommission

Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung der Organisation des Impfwesens in Deutschland. Abbildung modifiziert von MSD nach [2].

Heutzutage werden die meisten neuen Impfstoffe durch ein sogenanntes zentralisiertes Verfahren zugelassen, das von der Europäischen Arzneimittel-Agentur, kurz EMA, koordiniert wird. Dieses Verfahren ermöglicht eine gleichzeitige Zulassung in allen europäischen Staaten und den Ländern des europäischen Wirtschaftsraums.1

Die EMA, ist eine dezentrale Agentur der Europäischen Union (EU), zu deren wichtigsten Aufgaben die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln in der EU zählen. Unternehmen beantragen bei der EMA eine Genehmigung dafür, Arzneimittel in Verkehr bringen zu dürfen. Ausgestellt wird die Genehmigung von der Europäischen Kommission. Ist eine Genehmigung erteilt, kann das Arzneimittel in der gesamten EU und im Europäischen Wirtschaftsraum vertrieben werden.6

Das Bundesministerium für Gesundheit, kurz BMG, ist als oberste Bundesbehörde der zentrale nationale Angelpunkt der Gesundheitspolitik und für zahlreiche Aspekte des deutschen Gesundheitssystems zuständig. Im BMG werden Gesetzentwürfe zu Gesundheitsthemen erstellt.

Zu den Bundesbehörden, die dem BMG nachgeordnet sind, gehören u. a. das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das Robert Koch-Institut (RKI).2

Das Paul-Ehrlich-Institut, kurz PEI, ist das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Es befasst sich mit der Prüfung, Bewertung, Zulassung sowie der Analyse des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Impfstoffen und Arzneimitteln.2 Pharmazeutische Unternehmen stellen beim PEI als zuständige Behörde einen Antrag zur Zulassung für Impfstoffe in Deutschland.1

Gut zu wissen
Der Anspruch an die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen, die bei Menschen zum Einsatz kommen, ist sehr hoch. Das ist wichtig, weil Impfstoffe zu prophylaktischen Zwecken in der Regel bei gesunden Personen in allen Altersgruppen, darunter oft auch Kinder, zum Einsatz kommen.1

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, kurz BZgA, ist gesetzlich damit beauftragt, die Bevölkerung klar und leicht verständlich über Gesundheitsthemen aufzuklären. Mit ihren Aktionen fördert die BZgA ein verantwortungsbewusstes und gesundheitsgerechtes Verhalten.2

Das Robert Koch-Institut, kurz RKI, ist die zentrale Forschungseinrichtung der Bundesregierung für die Überwachung und Prävention von Krankheiten. Die Hauptaufgabe des RKI ist die wissenschaftliche, epidemiologische und medizinische Analyse und Untersuchung von Krankheiten.

Eine weitere Aufgabe des RKI ist die Information von Ärzt:innen und Fachpersonal zum Thema Impfen.2 Die Geschäftsstelle im Fachgebiet Impfprävention des RKI koordiniert und unterstützt die Tätigkeit der Ständigen Impfkommission (STIKO).4

Die Ständigen Impfkommission, kurz STIKO, ist ein vom Gesetzgeber bestimmtes wissenschaftliches, ehrenamtlich tätiges und hochrangig besetztes Gremium aus Expert:innen mit Sitz am Robert Koch-Institut (RKI). Das Bundesministerium für Gesundheit beruft die Mitglieder der STIKO alle 3 Jahre neu.2

Zu den Aufgaben der STIKO gehört es, Impfempfehlungen für Deutschland zu entwickeln und dabei den Nutzen für die geimpfte Person sowie für die gesamte Bevölkerung zu berücksichtigen. Die STIKO entwickelt u. a. auch Kriterien, um eine übliche Impfreaktion von einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung abzugrenzen.4

Gut zu wissen
Die Empfehlungen der STIKO gelten als medizinischer Standard. Seit 2007 sind die STIKO-Impfempfehlungen die Grundlage für die Schutzimpfungsrichtlinie (SI-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Mit Aufnahme in die SI-RL werden die von der STIKO empfohlenen Impfungen Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland.4

Beim Gemeinsamen Bundesausschuss, kurz G-BA, handelt es sich um das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Zahnärzt:innen, Krankenhäusern und Krankenkassen.

Der G-BA regelt in Form von Richtlinien, wie z. B. der Schutzimpfungsrichtlinie (SI-RL), welche medizinischen Versorgungsleistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden.2

Bei dem GKV-Spitzenverband handelt es sich um die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland. Der GKV-Spitzenverband ist für die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen des Wettbewerbs um die Qualität und Wirtschaftlichkeit in der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung zuständig.2

Der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) vertritt die nationalen Interessen der privaten Kranken- bzw. Pflegeversicherungen. Er bringt die Standpunkte seiner Mitglieder in nationalen und europäischen Gesetzgebungsverfahren ein.2

Bei der Bundesärztekammer, kurz BÄK, handelt es sich um die Arbeitsgemeinschaft der 17 Landesärztekammern. Sie bildet die Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung und vertritt die berufspolitischen Interessen für alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland.2

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, kurz KBV, ist auf Bundesebene die Interessenvertretung für Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Sie ist der Dachverband der Kassenärztlichen Vereinigungen, die für die Organisation und Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung für gesetzliche Versicherte in Deutschland zuständig sind.2

Der Öffentliche Gesundheitsdienst, kurz ÖGD, umfasst Einrichtungen des öffentlichen Dienstes zu Gesundheitsthemen auf unterschiedlichen Ebenen. Dazu zählen Gesundheitsämter, Landesbehörden für Gesundheit, Gesundheitsministerien der Länder und Fachabteilungen für Gesundheit in den Regierungen. Zum Aufgabenspektrum des ÖGD gehören u. a. Gesundheitsschutz, Gesundheitshilfe und Aufsicht über das Gesundheitswesen (Public Health).2

3. Wie ist die Kostenübernahme von Schutzimpfungen geregelt?

Der G-BA legt Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungspflicht für Impfungen auf Basis der STIKO-Empfehlung in einer Schutzimpfungs-Richtlinie fest.3 Die jeweils aktuellen Empfehlungen der STIKO werden – bis auch wenige kleine Änderungen – in die Richtlinie übernommen. Somit übernehmen die Gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die von der STIKO empfohlenen Impfungen.7 Umgekehrt können Krankenkassen in ihren Satzungsleistungen aber auch die Kostenübernahme für Impfungen vorsehen, die nicht Bestandteil der Richtlinie des G-BA sind.3

Auf Landesebene schließen die jeweiligen Krankenkassenverbände und die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen regionale Impfvereinbarungen ab. Darin werden u. a. das ärztliche Honorar und die Erstattung der Kosten für Impfstoffe geregelt.7

Gut zu wissen
Kommt innerhalb von 2 Monaten nach der Veröffentlichung der STIKO-Empfehlungen keine Entscheidung zustande, dann müssen die empfohlenen Impfungen von den Krankenkassen erstattet werden, bis die Schutzimpfungs-Richtlinie vorliegt.3
Kosten für beruflich bedingte Impfungen werden seit Ende 2019 von den Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommen.15

4. Was ist bei der Abrechnung & Erstattung verordneter Impfstoffe zu beachten?

Die Einzelheiten über die Verordnung von Impfstoffen, deren Bezug und Abrechnung sind in den Bestimmungen der einzelnen Länder-KVen geregelt.12 Die wichtigsten Fakten haben wir in der folgenden Abbildung übersichtlich für Sie zusammengefasst.

Chefsache: Impfschutz für medizinisches Personal
Chefsache: Impfschutz für medizinisches Personal

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Quellen

  1. Grabski E, Hildt E, Wagner R. Zulassungsverfahren für Humanimpfstoffe in Deutschland und Europa und das Präqualifizierungsprogramm der WHO. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2020;63(1):4-15. DOI: 10.1007/s00103-019-03059-w.
  2. Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI). Impfen in Deutschland. Zuständige Behörden & Institutionen. Letzte Aktualisierung 13.03.2023. Online verfügbar unter https://www.nali-impfen.de/impfen-in-deutschland/zustaendige-behoerden-institutionen/ [eingesehen am 02.06.2023].
  3. Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2023. Epid Bull 2023;4:3-68.
  4. Robert Koch-Institut (RKI). Ständige Impfkommission (STIKO). Stand 25.05.2023. Online verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/stiko_node.html [eingesehen am 02.06.2023].
  5. Heinz Spiess, Ulrich Heininger, Wolfgang Jilg. Impfkompendium. 8. Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2015.
  6. Europäische Union. Dezentrale Agentur – Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Online verfügbar unter: https://european-union.europa.eu/institutions-law-budget/institutions-and-bodies/search-all-eu-institutions-and-bodies/ema_de [eingesehen am 02.06.2023].
  7. Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI). Impfen in Deutschland. Kostenübernahme für Impfungen. Letzte Aktualisierung 15.03.2023. Online verfügbar unter https://www.nali-impfen.de/impfen-in-deutschland/kostenuebernahme/ [eingesehen am 02.06.2023].
  8. Robert Koch-Institut (RKI). Ständige Impfkommission – Aufgaben und Methodik. Stand 10.08.2023. Online verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Aufgaben_Methoden/methoden_node.html [eingesehen am 02.06.2023].
  9. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Absatz 1 SGB V. Zuletzt geändert am 16. März 2023 und in Kraft getreten am 21. April 2023. Online verfügbar unter: https://www.g-ba.de/richtlinien/60/ [eingesehen am 02.06.2023].
  10. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Arzneimittel-Verordnung Muster 16. Online verfügbar unter: https://www.kbv.de/html/27760.php [eingesehen am 01.06.2023].
  11. Deutsches Apothekenportal. Arbeitshilfe DAP Rezept-Check. Online verfügbar unter: https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/retax-arbeitshilfen/rezeptpruefung/rezept-check/ [eingesehen am 02.06.2023].
  12. CURA CAMPUS Fortbildungen. Impfen. Online verfügbar unter https://www.curacampus.de/campus-web/public/#/fortbildungen#impfen [eingesehen am 02.06.2023].
  13. Kassenärztliche Vereinigung Bremen. Landesrundschreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen mit den offiziellen Bekanntgaben. Kassenrezept auf einen Blick: Tipps zum Ausfüllen. Ausgabe 4 vom 19.06.2012.
  14. Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Verordnung Aktuell. Ausfüllen einer Sprechstundenbedarfs-Verordnung (Muster 16a bay). Stand 29.07.2020. Online verfügbar unter https://www.kbv.de/html/27760.php [eingesehen am 02.06.2023].
  15. Gemeinsamer Bundesausschuss. Pressemitteilung | Arzneimittel | G-BA passt Schutzimpfungs-Richtlinie an geänderte Gesetzeslage an. Online verfügbar unter: https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen/819/ [eingesehen am 02.06.2023].

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