Hätten Sie’s gewusst? Kontraindikationen beim Impfen: Ja oder nein
Hätten Sie’s gewusst? Kontraindikationen beim Impfen: Ja oder nein
Impfungen gehören zu den wichtigsten medizinischen Maßnahmen.1 Dennoch besteht häufig Unklarheit, ob eine Impfung angezeigt ist oder nicht.2 Wissen Sie, welche Erkrankungen gegen eine Impfung sprechen und wann einer Impfung nichts im Wege steht? Testen Sie Ihr Wissen!
Es kommt immer wieder vor, dass indizierte Impfungen zum Teil aufgrund irrtümlich angenommener Kontraindikationen nicht durchgeführt werden.2
Bei welchen Erkrankungen oder Umständen könnte sich die Frage stellen: Impfen – oder besser nicht? Auch wenn die endgültige Entscheidung für eine Impfung bei der Ärztin oder dem Arzt liegt1: Könnten Sie direkt unterscheiden, wann es sich um eine echte Kontraindikation handelt und wann nicht? Los geht’s!
Ein leichter Infekt ohne Fieber (Temperatur < 38 °C) ist keine Kontraindikation für eine Impfung. Selbst Fieberkrämpfe in der Anamnese sprechen nicht dagegen, im Einzelfall wird die Ärztin oder der Arzt jedoch eine fiebersenkende Prophylaxe erwägen. Aber auch bei bestimmten anderen (Vor-)Erkrankungen können Betroffene geimpft werden wie z. B. bei:2
• Kontakt zu Personen mit ansteckenden Erkrankungen, • chronischen Erkrankungen ohne Immunsuppression, einschließlich Krebs-, Nieren- und neurologischen Erkrankungen, • Gerinnungsstörungen, da die meisten Impfstoffe subkutan verabreicht werden können, • Krampfanfällen in der Familienanamnese, • lokalen Hautreaktionen, Ekzemen und Dermatosen, • angeborenen oder erworbenen Immundefekten (jedoch keine Lebendimpfstoffe), • Autoimmunkrankheiten, chronisch entzündlichen und rheumatologischen Erkrankungen (außerhalb entzündlich aktiver Phasen) • immungeschwächten Personen (jedoch keine Lebendimpfstoffe).
Auf nicht empfohlene oder nicht dringend angezeigte Impfungen sollte während einer Schwangerschaft verzichtet werden.1 Dennoch können Schwangere geimpft werden, allerdings nicht mit Lebendimpfstoffen (u. a. gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen). Einige Totimpfstoffe können problemlos ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel verabreicht werden. So sind z. B. die Impfungen gegen Influenza, COVID-19 oder Keuchhusten ab diesem Zeitpunkt möglich.2 Diese werden Schwangeren vom Robert Koch-Institut (RKI) sogar ausdrücklich angeraten.3
Stillende Mütter können ebenfalls geimpft werden, aber nicht gegen Gelbfieber.2 Weltweit sind vereinzelte Fälle aufgetreten, in denen es bei gestillten Säuglingen nach der Gelbfieber-Impfung der Mutter zu einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute gekommen ist.1
Eine Impfung kann im Allgemeinen trotz Einnahme oder Anwendung von z. B. folgenden Arzneimitteln erfolgen:2
• medikamentöse Gerinnungshemmer, • Antibiotika, • niedrigdosierte Kortikosteroide (Cortison) oder • lokal angewendete steroidhaltige Präparate wie Cortisonsalben.
Auch eine anstehende Operation ist keine Kontraindikation, dennoch sollten empfohlene Zeitabstände2 vor einer Operation (ausgenommen bei dringender OP-Indikation)1 berücksichtigt werden:2
• 3 Tage bei Totimpfstoffen, • 14 Tage bei Lebendimpfstoffen.
Nach Operationen können Impfungen wieder erfolgen, sobald ein stabiler Allgemeinzustand besteht.1
Säuglinge können die Standardimpfungen z. B. gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B, Poliomyelitis und Haemophilus influenzae Typ B (DTaP-IPV-Hib-HepB) gemäß der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) bereits im Alter von 2 Monaten erhalten, die Impfung gegen Rotaviren sogar ab einem Alter von 6 Wochen.1Auch Frühgeborene (vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren)1 können – unabhängig von ihrem Reifealter und dem aktuellen Gewicht – entsprechend dem empfohlenen Impfalter geimpft werden.2 Ihnen wird im Alter von 3 Monaten eine zusätzliche Impfdosis verabreicht, sodass sie im Vergleich zu reifgeborenen Säuglingen anstelle von 3 insgesamt 4 Impfstoffdosen der DTaP-IPV-Hib-HepB-Impfung erhalten.1 Säuglinge, die voll- oder teilgestillt werden, können ebenso geimpft werden wie solche, die Muttermilchersatzprodukte oder andere Babynahrung erhalten.1 Gleiches gilt für Säuglinge mit Neugeborenen-Gelbsucht. Bei Kindern schwangerer Mütter ist hinsichtlich der Varizellen-Impfung eine Risikoabwägung notwendig, falls die schwangere Mutter selbst keine Varizellen-Immunität besitzt.2 Das Risiko für ein konnatales Varizellensyndrom ist bei der derzeitigen Varizellen-Impfquote für eine seronegative Schwangere mit Kontakt zu ihrem ungeimpften, ansteckungsgefährdeten Kind höher als das Risiko einer Komplikation durch die Impfung des Kindes und dessen Übertragung von Impfvarizellen auf die Schwangere.1
Treten bei einer Impfung leichte Impfreaktionen auf, besteht dennoch keine absolute Kontraindikation hinsichtlich einer erneuten Impfung mit dem gleichen Impfstoff.2 Nach wiederholter Gabe von Totimpfstoffen kann es in Ausnahmefällen zu Nebenwirkungen wie einer ausgeprägten lokalen Unverträglichkeitsreaktion mit schmerzhafter Schwellung und Rötung der betroffenen Gliedmaße kommen („Arthus-Phänomen“). Insbesondere nach sehr häufigen Tetanus- und/oder Diphtherietoxoid-(Td-)Impfungen und daher hohen vorbestehenden Serum-Antikörperkonzentrationen tritt diese selbstlimitierende Reaktion auf. In solch einem Fall sollte vor weiteren Td-Impfungen eine Antikörperbestimmung durchgeführt werden.1
Sind aufgrund einer vorangegangenen Impfung bereits viele Antikörper vorhanden, kann dennoch geimpft werden. Es geht in der Regel kein erhöhtes Risiko von zusätzlich verabreichten Impfstoffdosen aus. Aus diesem Grund können z. B. auch dann Kombinationsimpfstoffe verwendet werden, wenn nicht alle enthaltenen Antigene/Impfstoffkomponenten erforderlich sind.1
Ebenso ist eine fehlende Impfempfehlung der STIKO kein Grund, nicht zulassungsgemäß zu impfen. Allerdings sollte zuvor die Kostenübernahme durch die Versicherung geprüft werden.2
Welche Gründe sprechen tatsächlich gegen eine Impfung?
Kontraindikationen sind medizinische Ausschlusskriterien für eine Impfung mit einem bestimmten Impfstoff oder zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Entscheidung, ob und wann eine Impfung durchgeführt werden kann, liegt in der Verantwortung der Ärztin oder des Arztes.2 Die folgende Auswahl an Kontraindikationen ist daher beispielhaft zu sehen.
Bei schweren akuten Erkrankungen sollte vor einer Impfung erst die Genesung abgewartet werden. Ausgenommen hiervon sind postexpositionelle Impfungen z. B. gegen Tollwut, Tetanus und Hepatitis B, die auch bei akuten schweren Erkrankungen umgehend durchgeführt werden sollten.2
Eine schwere Allergie gegen Bestandteile eines Impfstoffs ist eine Kontraindikation für eine Impfung.2 Hierfür kommen vor allem Neomycin und Streptomycin in Betracht, seltener auch Hühnereiweiß. Wer nach oraler Aufnahme von Hühnereiweiß mit anaphylaktischen Symptomen reagiert, sollte nicht mit Impfstoffen geimpft werden, die Hühnereiweiß enthalten, wie z. B. Gelbfieber- und Influenza-Impfstoff.1 Inzwischen sind viele Impfstoffe bereits ohne Allergene (z. B. hühnereiweißfreie Präparate) verfügbar.2
Grundsätzlich kontraindiziert sind Lebendimpfstoffe bei angeborener, erworbener oder medikamentös induzierter Immunsuppression.2 Ob eine Impfung mit einem Lebensimpfstoff dennoch indiziert sein kann, ist nach sorgfältiger Risiko-Nutzenabwägung einzelfallabhängig. Liegt ein angeborener oder erworbener Immundefekt vor, sollte vor der Impfung mit einem Lebendimpfstoff die oder der den Immundefekt behandelnde Ärztin oder Arzt konsultiert werden.1
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Quellen
Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2023. Epid Bull 2023;4:3-68.