HPV-Impfung: Pädiater:innen in der Schlüsselrolle
HPV-Impfung: Pädiater:innen in der Schlüsselrolle
Viele Eltern zögern bei der Entscheidung ihr Kind gegen HPV impfen zu lassen und wünschen sich mehr Aufklärung. Wie man mit der Impfung auch Genitalwarzen vorbeugen kann und welche wichtige Rolle Sie als pädiatrische Praxis dabei spielen, zeigen aktuelle Studiendaten.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 7.800 an HPV-bedingten Karzinomen und ca. 4 Frauen sterben täglich an Gebärmutterhalskrebs.1, 2 Eine frühzeitige Impfung kann bestimmten HPV-assoziierten Krebsvorstufen, Karzinomen und Genitalwarzen vorbeugen.3 Deshalb ist eine Impfung so wichtig – und das für alle Kinder.
Erste Studiendaten aus Bayern zeigen Reduktion von HPV-bedingten Genitalwarzen
Welchen Effekt ein vollständiger Impfschutz haben kann, zeigte eine retrospektive Analyse aus Bayern von Osmani et al. 4 Dafür nutzten die Autoren Daten der kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) von Mädchen und Frauen, die zwischen 1990 und 2009 geboren wurden (9 bis 28 Jahre im Jahr 2018) zur Berechnung von Impfraten, der Inzidenz anogenitaler Warzen und präkanzerösen Zervixläsionen. Von 942.841 bayrischen Mädchen und Frauen in Alter von 9 bis 28 Jahren wurden die Impfraten dazu berechnet. Hinsichtlich anogenitaler Warzen sowie präkanzeröser Zervixläsionen wurden die Daten von 433.346 Mädchen und Frauen im Alter von 19 bis 28 Jahren untersucht.4 Dabei zeigte sich: Bayern ist ein Bundesland mit niedrigen Impfquoten, lediglich 40,9 % der 18-jährigen Mädchen und nur 13,3 % der 12-jährigen Mädchen waren im Jahr 2018 in Bayern vollständig gegen HPV geimpft.4 Bei vollständig geimpften Frauen wurde für anogenitale Warzen ein um 63 % (aHR 0,37 (95 % KI 0,34 to 0,40)) reduziertes Risiko beobachtet, das Risiko für Gebärmutterhalsläsionen war um 23 % (aHR 0,77, 95 % KI 0,71 to 0,84) reduziert.4 Auch in dieser Studie wurde konkludiert, dass eine Erhöhung der Impfraten erforderlich ist, um eine größere Wirkung auf die Bevölkerung bei der Prävention bestimmter HPV-bedingter Krankheiten zu erzielen.4
Zögernde Eltern wünschen sich mehr Aufklärung
Impfskeptische Eltern von einer Impfung zu überzeugen, kann für Pädiater:innen herausfordernd sein. Aus Überlegungen zur Erhöhung der HPV-Impfquote in Deutschland geht hervor, dass die Aufklärung dabei besonders im Fokus stehen sollte.5 So zeigte eine bevölkerungsbezogene Erhebung, dass nur 24,5 % der Erwachsenen in Deutschland von HPV gehört haben und nur 45 % von ihnen bekannt war, dass es Impfstoffe zur Vorbeugung einer HPV-Infektion gibt.5, 6 In einer Studie zur Sichtweise zögernder Eltern bei der Entscheidungsfindung zur HPV-Impfung von Beavis et al. wurden insgesamt 22 Eltern befragt, die ihr Kind nicht impfen lassen wollten.7 Die meistgenannten Gründe waren mangelndes Vertrauen in das eigene Wissen über die Impfung, in den Nutzen und in die Nebenwirkungen sowie der damit einhergehende Wunsch nach mehr Informationen.7 Die Eltern gaben an, dass ihr Zögern häufig durch negative Berichte anderer Eltern verursacht wurde.7
Informationen für Eltern priorisieren
Als häufigste Informationsquelle zum Thema HPV-Impfung wurden Pädiater:innen angegeben. Gleichzeitig nannten viele Eltern als Grund für ihr Zögern, dass die Zeit fehlt, um mit dem Kinderarzt oder Kinderärztin ihre Bedenken zu besprechen.7 Sie äußerten den Wunsch nach detaillierten Informationen über die Vorteile und Risiken der Impfung.7 Zu den Verbesserungsvorschlägen der befragten Eltern gehörten z. B. eine Liste mit Fragen, die bei der Vorbereitung auf den Arztbesuch helfen.7 Strategien, die den Eltern das Gefühl geben, informiert zu sein und Vertrauen in ihre Entscheidung zur Impfung zu haben, könnten demnach nützlich sein, um impfscheue Eltern zu motivieren, ihre Kinder gegen HPV impfen zu lassen.7
Pädiater:innen mit Schlüsselrolle
Pädiater:innen haben folglich eine besondere Schlüsselrolle, wenn es darum geht die HPV-Impfung in ihrer Praxis zu implementieren und die Impfung bei älteren Kindern nicht zu verpassen, bevor sie aus der Kostenerstattung herausfallen.5 Sowohl für Jungen als auch Mädchen konnte gezeigt werden, dass die Mehrheit aller HPV-Impfungen vor allem bei Jüngeren (9-14 Jahre) in der Kinderarztpraxis stattfindet: Die Erstimpfungen bei den Mädchen verabreicht in 61 % der Fälle ein Pädiater, bei den Jungen sogar in 77 %. Erst bei den 15- bis 17-Jährigen impfen vermehrt Allgemeinmediziner:innen und bei den Mädchen auch Gynäkolog:innen (Abb. 1).5
Abbildung 1: Verteilung der Facharztgruppen für die Verabreichung der Erstdosen von HPV-Impfung nach Geschlecht und Altersgruppe der Patient:innen zwischen 2018 und 2021 (Abbildung modifiziert von MSD nach Daten von Wähner C et al. 2023)
Die richtige Aufklärung über die HPV-Impfung kann dazu beitragen, dass Impf-Quoten verbessert und Immunisierungen nachgeholt werden, sodass mehr Mädchen und Jungen von einem Schutz vor bestimmten HPV-bedingten Erkrankungen profitieren können.
Quellen
- Robert Koch-Institut (RKI). Humane Papillomviren (HPV): RKI-Ratgeber; 2018 [eingesehen am 14.06.23]. Verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HPV.html;jsessionid=9CDD9A715DF4FE42905606922F9E7E4D.2_cid372.
- Zentrum für Krebsregisterdaten. Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) [eingesehen am 10.05.23]. Verfügbar unter: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Gebaermutterhalskrebs/gebaermutterhalskrebs_node.html.
- Robert Koch-Institut (RKI). Epidemiologisches Bulletin. Epid Bull 2018; (26):1-22.
- Osmani V et al. HPV vaccination leads to decrease of anogenital warts and precancerous lesions of the cervix uteri in young women with low vaccination rates: a retrospective cohort analysis. BMC Cancer 2022; 22(1):1293.
- Wähner C et al. Uptake of HPV vaccination among boys after the introduction of gender-neutral HPV vaccination in Germany before and during the COVID-19 pandemic. Infection 2023:1–12.
- Sharma SJ et al. Awareness of Human Papillomavirus (HPV) and HPV Vaccination amongst the General Population in Germany: Lack of Awareness and Need for Action. Oncol Res Treat 2022; 45(10):561–7.
- Beavis AL et al. Exploring HPV vaccine hesitant parents‘ perspectives on decision-making and motivators for vaccination. Vaccine X 2022; 12:100231.
DE-NON-04631 06/23